Datenbank Kinder- und Jugendliteraturforschung


Österreichische Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1933 und 1945

Diese Datenbank entstand im Rahmen des Projekts "Angepasst, verdrängt, verfolgt.
Österreichische Kinder- und Jugendliteratur in den Jahren 1933 bis 1945. Karriereverläufe im Vergleich. Finanziert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Jubiläumsfondsprojekt Nr. 13989) und wird laufend ergänzt.

Hinweise bitte an susanne.blumesberger@univie.ac.at

Liste

Vorname: Erich Knud

Familienname: Kernmayr

Andere Namensformen: Erich Kern, Hans René, A.G. Miller, Thomas Leonhard, Katja Holm

Geburtsort: Graz

Geburtsland: Österreich

Geburtsdatum: 10.2.1900

Sterbeort: Prien am Chiemsee

Todesdatum: 9.10.1977

Geschlecht: 1

Herkunft: Wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Eltern: Fleischer und Glaser Gustav Johann Kernmayr und Maria Theresia, geb. Hess

Bildung: Musste gegen seinen Willen eine Metzgerlehre absolvieren. Besuchte nur die Volksschule

Lebenslauf: War nach Abschluss seiner Gesellenprüfung als Fleischer auf Reisen. Er wechselte rasch hintereinander die Berufe, war als Tanzlehrer, Holzfäller, Kohlenhändler, Masseur, Handelsvertreter, Reporter, Schwimmlehrer, Schaufensterdekorateur und vieles andere mehr tätig. Als er wegen Betruges inhaftiert war entdeckte er seine schriftstellerische Begabung. Er war fünf Mal verheiratet, unter anderem mit der Schriftstellerin Marie Louise Fischer,  hatte zwei eheliche Kinder und drei uneheliche. Seine Tochter mit Marie Louise Fischer wurde 1957 geboren. Mit 68 wurde er noch einmal Vater eines Sohnes mit seiner jungen Sekretärin. Ihm widmete er auch sein Buch "Briefe an meinen Sohn". Er wandte sich zunächst der Kommunistischen Partei zu, wo er als Heimwehrspitzel galt (siehe Baur 2012, S. 212) Ab 1934/35 engagierte er sich für den Nationalsozialismus, wo er als Spitzel für die KP galt. Als Mitglied der NSDAP lebte er in Deutschland. Er trat der SA bei, ging nach Wien und wurde Journalist und Mitarbeiter von illegalen NS-Medien. Nach dem "Anschluss" begleitete er zunächst Adolf Hitler bei seiner Reise durch Österreich und war später Hauptstellenleiter im Wiener Gaupresseamt.  Das Buch "Ein Volk kehrt heim. Österreichs Kampf und Befreiung" schrieb er im Nazi-Jargon im Auftrag Hitlers innerhalb von 14 Tagen. Er wurde Chef-Dramaturg bei "Wien-Film", später auch bei den Filmfirmen Bavaria, Terra und Tobias. und schrieb mehrere Drehbücher, unter anderem "Musik für dich" (1937), "Donauschiffer" (1937), "Einmal der liebe Herrgott sein" (1942). Sein Film "Wiener G'schichten" (1940) gehörte zu den international erfolgreichsten Filmen der NS-Zeit. Er ging 1940 mit dem Wiener Gauleiter Josef Bürckel in die Saarpfalz, wo er Leiter des dortigen Gaupresseamts wurde. Als Mitglied der SS nahm er 1941 bis 1945 im Dienst der Waffen-SS an Kriegseinsätzen teil und war vor allem Frontjournalist in einer SS-Kriegsberichterabteilung. Er veröffentlichte zahlreiche Romane und Erzählungen, vor allem "Erlebnisse aus der Kampfzeit" mit autobiografischen Zügen, wie etwa "Fahne im Sturm" (1940), "Der verratene Berg (1943). Durch seine guten Verbindungen zu Adolf Hitler konne er auch einige "nichtarische" Künstler schützen. Nach Kriegsende standen seine Werke auf dem Index und er war im Gefängnis, allerdings nur kurz, da sich vo viele für ihn einsetzten. Wie viele andere SS-Mitglieder, wurde er nach 1945 vom amerikanischen Geheimdienst  Counter Intelligence Corps, dem Vorläufer der CIA angeworben. Er war Mitglied des so genannten "Gmundner Kreises". Mit dem Mussolini-Befreier Otto Skorzeny betätigte er sich als als Fluchthelfer für hochrangige Nationalsozialisten. Ende der 1940er Jahre war er Poponent des Verbandes der Unabhängigen, der Vorläuferpartei der späteren FPÖ. Gemäß des österreichischen "Verbotsgesetzes" von 1947 durfte er zunächst nicht mehr als Schriftsteller tätig sein. Er reichte jedoch ein Gesuch ein, als er finanziell schlecht gestellt war und dank zahlreicher Unterstützungen wurde er als "minderbelastet" eingestuft. Ab 1948 publizierte er unter dem Namen "Erich Kern" und schrieb zahlreiche Fortsetzungsromane für Illustrierte, wie STERN, Revue und HÖR ZU. Einige seiner Bücher wurden verfilmt, z.B. Erzherzog Johanns große Liebe" mit O.W. Fischer. Bis zu seinem Tod galt er in der BRD als führender Aktivist in der rechten Szene. Seit Mitte der 50er Jahre lebte Kernmayr in Törwang am Samerberg in einem gastfreundlichen Haus wo er Prominente aus Kunst, Wissenschaft und Politik empfing. Sein Tod im Jahre 1977 wurde von der Fachwelt der Kinder- und Jugendliteratur nicht wahrgenommen. Er schrieb 54 Romane und Erzählungen für Erwachsene, neun Theaterstücke, ca. 18 Filme , 400 Kurzgeschichten, einige Sachbücher und ca. 30 Kinder-/Jugendbücher, Mädchenbücher, Lausbubengeschichten und Detektiv-/Abenteuerbücher.  Er arbeitete auch bei der 1956 gegründeten Zeitschrift "Bravo" mit. Mit seinen Mädchenbüchern hatte Kernmayr großen Erfolg, die Protagonistinnen, vor allem Gitta, blieben jedoch in ihren traditionellen Rollen verhaftet.  Auch die Reihe über die Lausbuben Pepperl und Gustl hatte großen Erfolg. Diese Geschichte erschien zunächst in Fortsetzung in der Zeitschrift HÖR ZU. 

Werke: Kamerad Schnürschuh. Berlin: Verlag für Gesellschaftskritik 1935.
Der Mann, der seine Zeit verkaufte. Berlin: Verlag für Kulturpolitik 1935.
Abenteuer in Mexiko. Ein Roman zwischen Mexiko und England. Berlin: Verlag für Kulturpolitik 1936.
Ewig lebt die Liebe. Der Roman einer großen Leidenschaft. Berlin: Verlag für Kulturpolitik 1936
Tatort Schauspielhaus. Berlin: Ullstein 1937.
Magdalenas große Lüge. Berlin: Deutscher Verlag 1937.
Ein Volk kehrt heim. Österreichs Kampf und Befreiung. Berlin: Deutscher Verlag 1938.
'Skandal um Monika. Berlin: Aufwärts 1939.
Die große Wanderung. Leipzig: Janke 1939.
Heißer Sommer. Wien: Zsolnay 1939.
Die blaue Stunde. Wien: Zsolnay 1939.
Der silberne Reiter. Berlin: Aufwärts 1940.
Große Liebe. Wien: Zsolnay 1940.
Tagebuch für Annemarie. Wien: Zsolnay 1940.
Der gläserne Berg. Eine deutsche Odysse vopm hohen Norden. Berlin: Die Wehrmacht 1941.
Die Hexe Kathrin. Berlin: Deutscher Verlag 1941.
Dreimal Hochzeit. Berlin: UFA-Buchverlag 1941.
Regimentsmusik. Wien: Zsolnay 1941.
Ländliches Dekameron. Wien, Leipzig: Wallishauser 1942.
Tatort Schauspielhaus. Hamburg: Mölich 1949.
Leopold Werndel und sein Sohn. Wahrheit und Dichtung über das Leben Styer's größen Sohn. Graz: Dachstein 1949.
Erzherzog Johanns große Liebe. Die Liebesgeschichte der steirischen PostmeisterstochterAnna Pochl mit dem Erzherzog Johann. Gmunden, Bad Ischl: Mader 1949.
Cilli. Die Geschichte eines Pferdes und einer großen Liebe. Salzburg: Salzburger Tierschutzverein 1949.
Wir waren keine Banditen. Ein soldatisches Requiem. Gmunden, Bad Ischl: Mader 1950.
Lange Gasse 13. Wien: Sonnenverlag 1950.
Der Teufel Thomas Carener. Ein kleiner Roman. Wien, Graz, Wiesbaden: Stiasny 1950.
Brot und Eisen. Wanderungen durch das werktägige Oberösterreich. Gmunden, Bad Ischl: Mader 1951.
Brot und Eisen. Wanderungen durch das werktägige Salzburg. Salzburg: Sirius 1951.
Brot und Eisen. Wanderungen durch das werktägige Kärnten. Salzburg: Sirius 1951.
Aus Liebe schuldig. Ein Roman und die Liebe zweier Menschen. Gmunden, Bad Ischl: Mader 1952.
Die waffenlose Macht. Werden und Wirken des Roten Kreuzes in aller Welt. Der Roman der Barmherzigkeit. Wels, Wien, Passau: Rudolf Traunau 1953.
Unternehmen Edelweiß. Bad Kreuznach: Pandion 1954.
Weil du arm bist, mußt du früher sterben. Salzburg: Sirius 1955.
Gefährliche Lüge. Wien, Graz: Wiesbaden: Stiasny 1955.
Der goldene helm. Schoenecker: Haas 1955.
Auch der Tod ist umsonst. Der Roman des braven Steuerzahlers Daniel Schattengerber. Bayreuth: Hestia 1956.
Sonne, Mond und Sterne. Der Roman der Astronomie. Wien, Hamburg: Zsolnay 1957. (Unter Ps.- A.G. Miller)
Jede Nacht in einem anderen Bett. Bayreuth: Hestia 1956.
Liebe groß geschrieben. Wien, Hamburg 1957.
Morgen geht's uns besser. Ein Standartwerk der Automatisierung. Bayreuth: Hestia 1957. (Unter Ps.- A.G. Miller)
Die Liebe der Maria Lechner. Rosenheim: Meister 1958.
Königskinder. Liebe an europäischen Fürstenhöfen. Klagenfurt: Kaiser 1959.
Hasardspiel der Liebe. Düsseldorf: Bach 1959.
Ein Herz voll Tränen. Düsseldorf: Dörner 1960, 1961.
Der Doktor vom Samerberg. Roman eines Landartes. Düsseldorf: Dörner 1961.
Und sie bewegt sich doch! Der Roman der Astronomie. Einsiedeln, Zürich, Köln: Benzinger 1961.
Liebe, die verboten ist. Bayreuth: Hestia 1961, München: Heyne 1978.
Gehirnstation. München: Kindler 1962. (unter A.G. Miller)
Nachtschwester Daniela. Wien: Donauland 1963 (unter Ps. Thomas Leonhard)
Geliebte Patientin. Köln: Will Moll 1969.
'Der Mann mit dem gopldenen Knopf im Ohr. Bekennstnisse des Hans Gustl Kernmayr (Autobiografie). Düsseldorf: Eson 1970.
Im gleichen Schritt und Tritt. Klagenfurt: Kaiser 1972.
Kochen udn Reisen in der Steiermark. 200 Spzeialrezepte aus dem grünen Herzen Österreichs unter Mitarbeit der Meister der steirischen Küche Frieda und Victor Juza. München: Heyne 1972.
Madame Rosa. Geschichte eines noblen Etablissements. München, Wien: Langen-Müller 1974.
Der Geldtyrann. Zürich: Schweizer Verlagshaus 1975.
Briefe an meinen Sohn. Zug: Ingse 1975.
Grüß Gott Exzellenz. Reiseaufzeichnungen eines Diplomaten ohne Auftrag. München: Langen-Müller 1976.
So kochte meine Mutter.München: Heyne 1976
Die letzte Kompanie. Hamburg: Xenos 1977.
Alpenländische Kücjhe. Rezepte von einst un jetzt. München: Heyxne 1980.
So alt wie dieses Jahrhundert. Die Bekennstnisse des Hans Gustl Kernmayr (Autobiografie) Gütersloh: Bertelsmann o.J.
Unruhige Nächte. Gütrersloh: Bertelsmann o.J.

Kinderliteratur: Gitta will zum Film. München: Schneider 1955.
Gitta der junge Filmstar. München: Schneider 1956. Gitta will zur Bühne. München: Schneider 1957.
Nelly und die Familie Murks. München: Schneider 1957.
Gitta der Stolz der Klasse. München: Schneider 1958.
Hans und Hanna in Ialien. München: Schneider 1958.
Hans und Hanna radeln nach Wien. München: Schneider 1959.
Nelly hütet ihr Geheimnis. München: Schneider 1961.
Vergnügte Reise zu zweit. München: Schneider 1963.
Drei ganz besondere Mädchen. München: Schneider  1964.
Irene überrascht alle. München: Schneider 1964.
Der Pepperl und ich. München: Schneider 1966.
Alle für Ronny. München: Schneider 1967.
Ihr verflixten Lausbuben.München: Schneider 1967.
Pepperl und Gustl die Unverbeserlichen. München: Schneider 1967.
Ihr verflicten Lausbuben. Neue Geschickten von Pepperl und Gustl. München: Schneider 1968.
Ich und mein Mops. München: Schneider 1969.
Mein Mops ist der Größte. München: Schneider 1970.
Pepperl und Gustl suchen den lieben Herrgott. München: Schneider 1970.
Auch Päpste waren Lausbuben. Pius X. Pius XII Johannes XXIII. München: Schneider 1970.
Felix der Meisterdetektiv. München: Schneider 1970.
Felix und die Schwarzen Hunde. München: Schneider 1971.
Papst Paul VI. Das Abenteuer seiner Jugend. München: Schneider 1971.
Die Hundeschule. München: Schneider 1972.
Rotfuchs entkommt den Wüstenräubern. München: Schneider 1972.
Pepperl und Gustl reißen aus. München: Schneider 1973.
Verflixte Schule. München: Schneider 1973.
Nelly und ihr Hund Murks. München: Schneider 1973.
Verflixte Lehrer. München: Schneider 1974.
Pepperl und Gustl die lustigen Lausbuben der Welt. München: Schneider 1978.Gitta der kleine Star. Abenteuer beim Film. 1978 (von Marie Louise Fischer überarbeitet)

Rezeptions, Auszeichnungen: Seine Mädchenbuchreihe "Gitta" wurde ein großer Erfolg - auch finanziell. 1978 überarbeitete Marie Louise Fischer die Serie und gab sie unter dem Titel "Gitta der kleine Star. Abenteuer beim Film" neu heraus. "Obwohl Hans Gustl Kermayrs Kinder- und Jugendbücher für Mädchen wie für Jungen vom Markt verschwunden sind, im Gegensatz zu einem Teil deiner Publikationen für Erwachsene, gehörte er nahezu zwei Jahrzehnte zu den beliebtesten Kinder- und Jugendschriftstellern im deutschsprachigen Raum. Dem Zeitgeist entsprechend, mit ausgeprägten psychologischen Gespür für die Bedürfnisse der damaloigen jungen Generation sowie sicherem Blickj für die Mechanismen des Marktes, verknüpft mit schriftstellerischem Fleiß, eroberte er sich eine große Leserschaft. (Manfred Berger 2007, S. 17) Kernmayr spielt in seienn Kinderbüchern mit Klischees, mit Schwarzweißmalerei, verwendet eine einfache Sprache und schildert banale Alltagssitualtionen.

Quellen: Uwe Baur; Karin Gradwohl-Schlacher: NS-Kulturpolitik in der Steiermark mam Beispiel der Literatur. In: Halbrainer, Heimo; Gerald Lamprecht; Ursula Mindler (Hg.): NS-Herrschaft in der Steiermark. Positionen und Diskurse. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2012, S. 195-217, S. 212. Manfred Berger. In: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Corian , 30. Erg.-Lfg. Mai 2007, S. 1-23

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