Datenbank Kinder- und Jugendliteraturforschung


Österreichische Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1933 und 1945

Diese Datenbank entstand im Rahmen des Projekts "Angepasst, verdrängt, verfolgt.
Österreichische Kinder- und Jugendliteratur in den Jahren 1933 bis 1945. Karriereverläufe im Vergleich. Finanziert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Jubiläumsfondsprojekt Nr. 13989) und wird laufend ergänzt.

Hinweise bitte an susanne.blumesberger@univie.ac.at

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Titel: Ostmarkmädel. Ein Erlebnisbuch aus den Anfangsjahren und der illegalen Kampfzeit des BDM in der Ostmark

Autor: Weber-Stumfohl, Herta

Jahr: 1939

Verlag; Orte: Junge Generation Verlag; Berlin, Spamer AG in Leipzig

Buchbeschreibung: Gegen die Herausgabe dieser Schrift bestehen seitens der NSDAP keine Bedenken.-Die Schrift wird in der NS-Bibliographie geführt. Berlin,  1939 Der Vorsitzende der Parteiamtlichen Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums Widmung: Den treuesten Kameradinnen in schwerer Zeit! 222 Seiten Auf der Seite 223 wird unter dem Titel "Bücher, die uns viel sagen" geworben: So sind wir
Sommertage in Heidersdorf
Ein Mädel in der Front Werbung auf Seite 224:
Weitere Erlebnisbücher unserer Zeit Dies Mädel ist hanne
Das ist der weibliche Abritsdienst So war`s bei uns in Knippelbrück

Inhaltsangabe:

Das Buch von Herta Weber-Stumfohl, der Obergauführerin des BDM, ist in Tagebuchform abgefasst und erzählt über Ziele und Methoden der einzelnen Verbände. Die Verfasserin ist eine überzeugte Nationalsozialistin, was sich auch in ihrer Sprache widerspiegelt.

Eines der wenigen Mädchenbücher, in denen Rassismus und Antisemitismus massiv – und auch hier sprachlich deutlich emotional – ausgedrückt werden. (Fülgraff S. 90)

Der erste Eintrag ist mit Weihnacht 1930 datiert und jammert über die „Fremdrassigen“ in Wien. Der zweite Eintrag vom 20. April 1931 schildert das Elend der Bevölkerung, an dem die Juden schuld sind.

Alle Tische besetzt von den Hebräern, behäbig und protzig, gewichtig – gleichsam in Gedanken an die vollen Brieftaschen – sitzen sie in den vornehmen Cafés und schauen gelangweilt auf die Straße. [..] (S. 9)

„Nichtarier“, die in den Vorlesungen sitzen, werden ebenfalls in den Tagebuchnotizen erwähnt. Die Schreiberin nimmt sich fest vor, dagegen anzukämpfen. Am 6. Mai 1931 berichtet das Tagebuch von der Ernennung zur Gauführerin. Die weiteren Eintragungen erzählen von den Schulungen, von den schwierigen Problemen, vor allem von den Zusammenstößen mit „Sozis“ und KommunistInnen, um die Rassenfragen zu beantworten. In diesem Buch wird auch deutlich, dass es zahlreiche Versuche gab, die Mitglieder der Sozialdemokratischen Arbeiter-Jugend abzuwerben. Am 10.1.1932 wurde Weber-Stumfohl Gebietsreferentin für den BDM. Das Frauenbild war eindeutig:

Deutschland braucht Frauen, die stark und lebensbejahend auf ihrem Platze stehen. Frauen, die von der Verantwortung dem Volke gegenüber, dem sie blutmäßig angehören, wissen. Frauen, die ihrem Manne treue Kameradinnen sind, in Kampfes- und Notzeiten nicht nur durchhalten, sondern Kraft und Mut geben können. Frauen, die ihrem Volk gesunde Kinder schenken und bereit sind, sie zu aufrechten und tapferen Menschen zu erziehen: daß sie dereinst, wie wir, nur eines kennen: Deutschland! (S. 22)

Deutlich ist in diesem „Mädchenbuch“ auch, dass es eine so genannte Ehre war, dabei sein zu dürfen. Die Schilderungen von den Lagern sind mitreißend, von politischen Inhalten wird kaum gesprochen, beschrieben wird vor allem die kameradschaftliche Atmosphäre, das naturnahe Leben, als die Autorin zum Beispiel mit dem Wiener BDM in der steirischen Ramsau Lager abhält, heißt es:

Wenn wir morgens im Kreise stehen, uns an den Händen halten und unseren Tag mit einem frohen Lied beginnen, dann sind wir alle gleich glücklich und dankbar dafür, dass unsere Heimat so herrlich schön ist und dass in diesen stolzen Bergen so wunderbare Menschen leben.[(S. 27)

 


Literatur/Fundort:

Susanne Blumesberger: Von Giftpilzen, Trödeljakobs und Kartoffelkäfern - Antisemitische Hetze in Kinderbüchern während des Nationalsozialismus. In: Medaon. Magazin für Jüdisches Leben in Forschung und Bildung. 11.9.2009 http://phaidra.univie.ac.at/o:48388

Blumesberger, Susanne: Mädchenbücher österreichischer Autorinnen während der NS-Zeit zwischen Anpassung und Widerstand. In: Guddat, Sarah; Sabine Hastedt (Hg.): Geschlechterbilder im Wandel? Das Werk deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1894-1945. Frankfurt am Main: Peter Lang 2011, S. 321-339.

Barbara Fülgraff: Annotierte Bibliographie der ausgestellten Bücher. D: 1930 bis 1945. In: Mädchenbücher aus drei Jahrhunderten. Ausstellungskatalog.. Bestände der Universitätsbibliothek Oldenburg, Leihgaben und Privatbesitz. Oldenburg: Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg 1983, S.83-92.

Dagmar Grenz: Zur Geschichte der Mädchenliteratur vom 18. Jahrhundert bis 1945. In: Mädchenbücher aus drei Jahrhunderten. Ausstellungskatalog. Bestände der Universitätsbibliothek Oldenburg, Leihgaben und Privatbesitz. Oldenburg: Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg 1983., S. S. 22-33.

Dagmar Grenz: Kämpfen und arbeiten wie ein Mann – sich aufopfern wie eine Frau. Zu einigen zentralen Aspekten des Frauenbildes in der nationalsozialistischen Mädchenliteratur. In: Grenz, Dagmar; Gilseal Wilkending (Hg.) Geschichte der Mädchenlektüre. Mädchenlektüre und die gesellschaftliche Situation der Frauen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Weinheim, München: Juventa 1997, S. 217-239.



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