Datenbank Kinder- und Jugendliteraturforschung


Österreichische Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1933 und 1945

Diese Datenbank entstand im Rahmen des Projekts "Angepasst, verdrängt, verfolgt.
Österreichische Kinder- und Jugendliteratur in den Jahren 1933 bis 1945. Karriereverläufe im Vergleich. Finanziert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Jubiläumsfondsprojekt Nr. 13989) und wird laufend ergänzt.

Hinweise bitte an susanne.blumesberger@univie.ac.at

Liste

Titel: Hans Urian geht nach Brot

Untertitel: Eine Kindermärchenkomödie von heute

Autor: Balász, Béla

Weitere Auflagen: Freiburg im Breisgau: Reichard [1919], 1929, 1931 spätere Auflagen ohne Nennung Lisa Tetzners: Hamm: Hasselbeck [1950], 1952 (Schriftenreihe Die Falkenbühne) Hannover: Verlag Schaffende Jugend 1948, 1956

Jahr: 1929

Verlag; Orte: Max Reichard; Freiburg im Breisgau

Literaturgattung: Dramatik

Buchbeschreibung: Verweis auf Titelblatt: (mit Verwendung einiger Ideen Lisa Tetzners) 74 Seiten 37 Figure, 11 Szenen (Daheim, beim Bäcker, Auf dem Lande, In der Luft, An Bord, Im Heizraum, Auf der Straße von New York, in der Kanonenfabrik, In Afrika bei den Negern, In China, Wieder zuhaus)

Inhaltsangabe: Hans Urian lebt bei seiner Mutter, der Vater ist im Krieg gefallen, die Familie ist sehr arm und seit die Mutter krank ist und nicht mehr arbeiten kann, ist nicht ein Stück Brot im Haus. bereits in der ersten Szene wird der Unterschied zwischen arm und reich deutlich gemacht, in dem die Familie Urian als völlig mittellos und die Frau des Bankdirektors zum Bäcker gehen kann und einkauft, auf was sie Lust hat und obendrein auch noch Kuchen für ihren Hund mitnimmt. Hans versteht diese Ungerechtigkeit nicht und verspricht seiner Mutter Brot zu besorgen. Im Gegensatz zu Hans wird die Mutter und ihre ebenso arme Nachbarin als wenig kämpferisch dargestellt. Zunächst geht Hans zum Bäcker um sich Brot zu holen, muss aber feststellen, dass auch dieser ausgebeutet wird. Daraufhin beschließt Hans zum Bauer zu gehen, obwohl ihm der Bäcker, der ihm zwei Brötchen zusteckt, ihm davon abrät. Auf dem Weg begegnet ihm ein Hase namens Trillewipp, der sich als so genannter Theaterhase herausstellt, der nicht nur sprechen, sondern sogar fliegen und mit seinen abnehmbaren Ohren telefonieren kann. Auch der Hase ist hungrig, jedoch gewohnt, immer zu teilen, wenn Essen vorhanden ist. Ere verspricht Hans zu helfen, lässt ihn aufsitzen und fliegt mit seinen Propellerohren zum Bauer. Dort begegnen sie einem sprechenden Theaterpferd, das im Krieg als deutsches Pferd gegen die französischen Pferde kämpfen musste. Das Pferd erklärt Hans und Trillewipp, dass Pferde für reiche Menschen wichtiger sind als Menschen, denn sie müssen hart arbeiten und sind seltener als Menschen. Menschen dagegen sind austauschbar. Der Bauer ist zunächst ängstlich, denn er hat Trillewipp als "Vogelungeheuer" wahrgenommen, erklärt aber Hans, dass auch er nicht helfen kann, denn er ist nur angestellt und erhält nur so viel, dass er überleben kann. Besitzer des Hofes und der Felder ist ein Großgrundbesitzer , der Bankdirektor Geldsack. Der Bauer rät Hans nach Amerika zu gehen, denn dort könne man reich werden, auch der Sohn des Bauers sei dort. Schließlich befinden sich Hans und Trillewipp an Bord eines Schiffes, wo sie erneut den Unterschied zwischen Reich und Arm erleben. An Deck die reichen Passagiere, die sich mit Leckerbissen satt essen und unter Deck die Heizer, die Schwerarbeit verrichten und kaum zu essen bekommen un den beiden blinden Passagieren erklären, wie Ausbeutung funktioniert. In New York angekommen, überprüft Hans, ob es den Menschen dort wirklich allen so gut geht, wie vermutet. Dort herrscht jedoch Zeitmangel, die Arbeiter werden ebenso ausgebeutet wie anderswo und auch die Pfarrer schauen nur auf das Geld. Das Telefon mittels Hasnohr zieht die Aufmerksamkeit eines Werbers, der auf die Suche nach Arbeitern ist, auf sich: "Was ist denn das für ein Telephon?. Das zieht man einfach aus der Tasche und kann gleich anrufen. [...) Das ist eine wunderbare Erfindung. Das kann unsere Firma sehr gut gebrauchen." (S. 42) mutet heute sehr vorausblickend an. Hans und Trillewipp landen zunächst in einer Kanonenfabrik. Aussagen wie "Diese Kanonen sind direkt gegen die Neger gemacht. Spezielkanonen. Sie treffen immer ins Schwarze" dienten in der damaligen zeit sicher der Bewusstmachung von Ungerechtigkeiten gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Heute gelesen, wirken diese Zeilen ebenso unsensibel wie die Überschrift über das neunte Bild "In Afrika bei den Negern". Wie damals leider üblich wurden schwarze Menschen als Menschenfresser und als primitiv geschildert. Sie werden nicht nur ausgebeutet sondern sogar als "schwarze Hunde" beschimpft. Ein plötzlich auftretender Chinese nimmt Hans und Trillewipp in eine Seidenfabrik mit, in der Kinder zur Aerbeit gezwungen werden. hans ruft zum Aufstand und zur Siólidarität auf. "Wenn ihr alle zusammenhält, kann euch keiner zwingen! Einen allein kann man zwingen. Zehne kann man zwingen. Auch hundert kann man zwingen. Aber wenn alle Arbeiter sich auf einmal zusammentun - dann kann sie niemand zwingen. [...] Hoch der Streik" (S. 57) Trillewipp wird gefangen und an einen Zirkus verkauft, Hans rettet ihn, die beiden trainieren sich Zirkusnummern ein um Geld zu erbetteln. Schließlich landen sie wieder zu Hause. Die Leser*innen erfahren, dass die Mutter Urians von der Mutter Trillewipps am laufenden gehalten wurde. Hans ist als "tüchtiger" Junge zurückgekommen, der fast aus der Schule ausgeschlossen wäre, aber er wehrt sich mit folgenden Worten: "[...] ich habe auch gelernt, daß wir uns ändern müssen, damit es gerechter zugehe in der Welt und das leben schöner werde." (S. 73)

Rezeption: Aus diesem Werk entstand "Hans Urian oder Die Geschichte einer Weltreise" ist ein Roman der deutschen Kinderbuchautorin und Märchenerzählerin Lisa Tetzner. Tetzner, Lisa, 1894-1963. Hans Urian: Die Geschichte Einer Weltreise. [Neue Aufl.]. [Vienna]: Wiener Volksbuchverlag, 1948

Literatur/Fundort: Verbrannter und Verbannte. Die Liste der im Nationalsozialismus verbotenen Publikationen, Autoren und Verlag https://verbrannte-und-verbannte.de/publication/507 Karrenbrock, Helga: Märchenkinder - Zeitgenossen. Untersuchungen zur Kinderliteratur der Weimarer Republik. Stuttgart: J.B. Metzler , S. 141f.https://doi.org/10.1007/978-3-476-04224-8

Standort: Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung , Bonn A 96 - 06235

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