Datenbank Kinder- und Jugendliteraturforschung


Österreichische Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1933 und 1945

Diese Datenbank entstand im Rahmen des Projekts "Angepasst, verdrängt, verfolgt.
Österreichische Kinder- und Jugendliteratur in den Jahren 1933 bis 1945. Karriereverläufe im Vergleich. Finanziert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Jubiläumsfondsprojekt Nr. 13989) und wird laufend ergänzt.

Hinweise bitte an susanne.blumesberger@univie.ac.at

Liste

Vorname: Grete

Familienname: Urbanitzky

Andere Namensformen: GEB. PASSINI; VERH. (1. EHE) WOLOSCZUK (WOLOSZUK)

Adelstitel: von

Geburtsort: Linz

Geburtsland: Österreich

Geburtsdatum: 9.7.1891

Sterbeort: Genf

Sterbeland: Schweiz

Todesdatum: 4.11.1974

Herkunft: Mutter Cecilie von Urbanitzky, geb. Grünwald; Vater Rudolf von Urbanitzky, Ingenieur und Inhaber einer Baufirma. Stammt aus einer alten Offiziersfamilie.

Bildung: Vier Klassen Lyzeum Linz, Gymnasium Zürich, Vorlesungen an der Uni Zürich, private Studien in Zürich und Wien (Orientalistik, Germanistik)

Beruf: Erzählerin, Übersetzerin und Journalistin

Lebenslauf: Sie begann ihre schriftstellerische Karriere mit 20 Jahren, als sie einen Märchen- und Novellenband veröffentlichte. 1914 wandte sie sich mit dem Essayband "Wenn die Weiber Menschen werden"gegen des Feminismus, gegen die Frauen und gegen die Verweiblichung der Zeit" (Hall, S. 339) 1911 heiratete sie Leutnant Ludwig Woloßczuk, wurde 1913 wieder geschieden. 1920 folgte die zweite Hochzeit, aber auch von Peter Passini wurde sie wieder geschieden. In ihrem Roman "Das andere Blut" thematisierte sie da Thema der "verderblichen Rassenmischung". Grete von Urbanitzkys journalistische Tätigkeit umfasste u.a. die Mitgliedschaft in der Redaktion des „Tag“ (Wien) und die Arbeit als Korrespondentin ausländischer Blätter vor 1938 sowie die Mitarbeit an der „Schweizer Illustrierten“, am „Tagesanzeiger“ und an der Zeitschrift „Sie und Er“, beide in Zürich nach 945, als sie gleichzeitig auch UNO-Korrespondentin war. In den späten 20er Jahren leitete sie in Wien ein Verlags- und Übersetzungsbüro. Sie war selbst auch als Übersetzerin tätig (englisch, französisch, italienisch). Weiters war sie Generalsekretärin des österreichischen P.E.N.-Clubs. Initiierte zusammen mit Felix Salten als „nationale“ Autorin 1933 die Spaltung des Österreichischen P.E.N.-Clubs. Danach trat sie aus dem österreichischen P.E.N.-Club aus und in den deutschen ein. Sie lebte ab 1933 in Berlin und solidarisierte sich mit den „national“ deutschen SchriftstellerInnen. 1941 wurden ihre Werke wegen „Pornographie“ durch die Nationalsozialisten auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt. Auf Liste 1 des schädlichen und unrwünschten Schrifttums  (1935) war der Roman über einen jüdischen Rebellen aus dem 17. Jahrhundert aufgelistet, "Mirjams Sohn" (1926) und "Der Wilde Garten" (1927). Mit "Maliza" in dem sie die Stellung der Frau und Mutter zum Krieg darstlellen wollte, kam sie dem nationalsozialistischen Gedankenguzt in die Quere. 1942 wurden sämtliche Vorräte der Urbanitzky-Werke vernichtete und nach 1945 auch nicht wieder ins Programm aufgenommen. Als ihre Mutter denunziert wurde, ging sie nach Paris. Sie distanzierte sich vom totalitären Gedankengut. Trotz ihrer anfangs ambivalenten Haltung zum Nationalsozialismus war sie mit jüdischen AutorInnen befreundet, u.a. mit Felix Salten und Nelly Sachs und förderte junge Talente. Sie emigrierte 1939 in die Schweiz. Nach dem Krieg konnte sie nicht mehr an ihre Erfolge anschließen. Zuletzt war sie als Korrespondentin bei den Vereinten Nationen in Genf. Veröffentlichungen thematisierte sie häufig den Generationenkonflikt und Lebensläufe erfolgreicher Frauen. Viele ihrer Romane wurden in den 50er Jahren neu aufgelegt. In ihren Werken thematisierte sie u.a. die weiblicher Homosexualität. „Der wilde Garten“ gilt als bekanntester österreichischer Lesbenroman und wurde im Zuge der Neuen (deutschen) Frauenbewegung 1979 wieder aufgelegt. Sie veröffentlichte auch Novellen, Hörspiele und Gedichte. Sie warEhrenmitglied der Mark-Twain-Gesellschaft, Caballero Ordre du  merité de Duarte, Orden Sanchez y Miella der Dominikanischen Republik; Grete von Urbanitzky hatte vor    allem in jüngeren Jahren Kontakte zur Frauenbewegung.

Werke:

Romane

 Das andere Blut. Roman. Leipzig: Wunderlich 1920.

 Das wilde Meer. Leipzig: Xenien 1920.

 Die Auswanderer. Roman. Wien: Fiedler 1921.

 Die goldene Peitsche. Roman. Leipzig: Haessel 1922.

Maria Alborg. Roman. Leipzig: Haessel 1923.

Mirjams Sohn. Roman. Stuttgart 1926; Berlin: Weizinger (Engelhorn´s Romanbibliothek Band 898/90).

Der wilde Garten. Roman. Leipzig: Hesse & Becker 1927; Berlin: Lesbenselbstverlag 1979.

Sekretärin Vera. Roman. Hannover: Sponholtz 1930.

 Zwischen den Spiegeln. Stuttgart 1930; Berlin: Weizinger (Engelhorn´s Romanbibliothek Band 1042).

Eine Frau erlebt die Welt. Roman. Wien: Zsolnay 1931.

Durch Himmel und Hölle. Roman. Berlin, Wien: Zsolnay 1932.

Karin und die Welt der Männer. Roman. Wien: Fiedler 1933.

Ursula und der Kapitän. Roman. Bern: Scherz 1934.

Heimkehr zur Liebe. Roman. Berlin, Wien: Zsolnay 1935.

Begegnung in Alassio. Roman. Budweis: Moldavia 1937.

Unsere Liebe Frau von Paris. Der Roman eines deutschen Steinmetzen. Berlin, Wien: Zsolnay 1938.

Das Mädchen Alexa. Roman. Wien: Bischoff 1939.

Miliza. Roman. Bern: Scherz 1941.

Mademoiselle Viviane. Roman. Zürich: Bellaria 1941.

Der große Traum. Roman. Bern: Scherz 1942.

 Der Mann Alexander. Roman. Bern: Scherz 1943.

Gedichte

Ausgewählte Gedichte. Leipzig: Xenien o. J. (1920).

Der verflogene Vogel. Gedichte. Wien: Wila 1920.

Das Jahr der Maria. Gedichte. Wien: Fiedler 1921.



Kinderliteratur:

Jugendbücher

Nina. Geschichte einer Fünfzehnjährigen. Roman. Bern: Scherz 1935.

Das Preisausschreiben. Abenteuer zweier Mädels in Dalmatien. Mit Bildern von Karl Stratil. 6. - 10.

 Tausend. Berlin: Weise 1935. (Wir jungen Mädchen).

Novellen und Märchen

Sehnsucht. Leipzig: Xenien 1911.

Masken der Liebe. Novellen. Leipzig: Haessel 1922.



Rezeptions, Auszeichnungen: „Talent für die dichterische Wiedergabe der Wunderwelt des Märchens lässt sich ihr    nicht absprechen. Doch fordert der Stoff dieser Kunstform eine gefühlsmäßig stärkere Durchdringung.   Dann wird auch ihre Sprache kraftvoller modellieren.“ (Geißler) In einem Gutachen für die Reichsschrifttumskammer aus dem Jahr 1937 heißt es: "Die Urbanitzky versucht sich national anzubiedern, aber es hilft nichts. Wenn sie auch eine gewandte Schriftstellerin , heißt Unterhalterin ist, so hat sie, ehe sie neuerdings braver geworden ist, in dem Roman 'Durch Himmel und Hölle' sich als ein ganz niedliches Sexualferkelchen enthüllt. Denn weiß Gott, es geht um nichts anderes als den beischlaf. Wiener korrupte Gesellschaft. Wenn dergleichen Wert haben sollte, müßte es schon klassisch sein, aber das ist es nun hier gar nicht. Es ist dem Inhalt nach elende Sexualkolportage. (zitiert in Hangler, S. 31)      

Quellen: Nachlass: Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung; Literaturhaus/Exilbibliothek; Datenbank der Forschungsstelle „Österreichische Literatur im Nationalsozialismus“, Universitätsarchiv, Universität Graz; Tagblattarchiv (Personenmappe). Hall, Murray G.: Der Paul Zsolnay Verlag. Von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil. Tübinen: Max Niemeyer Verlag 1994 Hangler, Reinhold: Literatur in Österreich zwischen Austro- und Hitlerfaschismus. In: Hangler, Reinhold; Christian Hawle; Hartmuth Kilgus; Gerhard Kriechbaum: Der Fall Franz Karl Ginzkey und Seewalchen. Eine Dokumentation. Vöcklabruck: Mauthausen- aktiv-Vöcklabruck 1989, S. 20-63. Bolbecher/Kaiser; Geißler 1913; Hacker 1983; Hall/Renner; Huber, U. 1990; Klotz; Kosch_LLex; Nagl/Zeidler/Castle; Schachinger 2006; Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek; Scholda 1994. Handbuch Blumesberger

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