Diese Datenbank entstand im Rahmen des Projekts "Angepasst, verdrängt, verfolgt.
Österreichische Kinder- und Jugendliteratur in den Jahren 1933 bis 1945. Karriereverläufe im Vergleich. Finanziert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Jubiläumsfondsprojekt Nr. 13989) und wird laufend ergänzt.
Hinweise bitte an susanne.blumesberger@univie.ac.at
Vorname: Herta Felicia
Familienname: Staub
Geburtsort: Wien
Geburtsland: Österreich
Geburtsdatum: 21.12.1908
Sterbeort: Wien
Sterbeland: Österreich
Todesdatum: 18.8.1996
Herkunft: Vater: Eugen Staub, Inhaber der Firma Pieniczka, die Geräte für Physiksäle in Schulen herstellte. Mutter: Olga Elisa Stützer-Rint, starb bei einem Bombenangriff. Bruder: Alexander Staub (geb. 1910) wurde während des ersten Weltkrieges lungenkrank und zum Pflegefall.
Bildung: B
Beruf: Dramatikerin und Lyrikerin
Lebenslauf: Die ersten Gedichte entstanden während einer Krankheit. Sie arbeitete eineinhalb Jahre als Sekretärin und technische Zeichnerin in einem Architekturbüro und ein Jahr im Büro der Technisch-Gewerblichen Bundeslehranstalt. Mit einem ungarischen Presseausweis ausgestattet, schrieb und übersetzte sie für ungarische Zeitschriften Wiener Kulturberichte. 1932-1938 war sie Kulturredakteurin der „Wiener Zeitung“ als einzige Frau. 1934 wurde die journalistische Arbeit zum Balanceakt. Sie sah sich als „Partisanin des Geistes“, es war für sie selbstverständlich Widerstand zu leisten. Da sie schnell stenographieren konnte, wurde sie auch zu politischen Interviews herangezogen. Sie nützte jede Minute um gegen das Regime zu schreiben, musste aber auch noch ihren kranken Bruder und ihre verwitwete Mutter pflegen. Zum Schreiben zog sie sich oft in die Waschküche zurück. Mit Übersetzungen und Schreibarbeiten finanzierte sie sich nach der Auflösung der Redaktion der „Wiener Zeitung“ ihren Lebensunterhalt. Sie erhielt 1938 aus politischen Gründen Schreibverbot. War im Untergrund und Widerstand aktiv, als Mitglied einer österreichischen und einer deutschen Widerstandsbewegung. Das brutale Beenden ihrer schriftstellerischen Karriere hat sie nie ganz überwunden. Oft unter Einsatz ihres Lebens rettete sie Wiener Kunstschätze. 1943 wurde sie auf Grund ihres Kunstgeschichtestudiums dienstverpflichtet bei einem „Bergungstrupp“ des Wiener Denkmalamtes als wissenschaftliche Hilfskraft mitzuarbeiten. Zahlreiche Kunstschätze konnten so gerettet werden. 1945-1949 war sie Kunstreferentin des Kulturamtes der Stadt Wien und dabei bis 1949 am kulturellen Wiederaufbau beteiligt. So rettete sie Originalpartituren von Gustav Mahler, die im Garten der Alma-Mahler-Werfel-Villa von der russischen Besatzung ins Gras gekippt worden waren. Außerdem war sie als Erwachsenenbildnerin und Übersetzerin tätig und begann erneut literarisch zu arbeiten. Außerdem war sie ständige Mitarbeiterin im „Neuen Österreich“. Ab 1950 widmete sie sich der Volksbildung und baute im 2. Bezirk ein Volksbildungswerk auf, veranstaltete Lesungen und unternahm mit Jugendlichen Kulturfahrten. Sie arbeitete für den Rundfunk, hielt Dichterlesungen und Vorträge und wurde auch oft als Dolmetscherin eingesetzt. Ab 1959 betreute sie den Nachlass Rudolf Kassners und bereitete umsichtig die zehnbändige Gesamtausgabe seines Werkes vor. 1962 wurde sie Geschäftsführerin der neugegründeten Gesellschaft. Durch sie konnte das Gesamtwerk dieses Philosophen und Schriftstellers 1992 in zehn Bänden veröffentlicht werden. 1964 wurde sie Poetic Assistant an der Universität Freiburg. 1974 wurde sie aus Krankheitsgründen pensioniert. Sie war jedoch weiterhin literarisch tätig, übersetzte zahlreiche Werke aus dem Englischen und aus dem Holländischen. Ihr letztes Lebensjahr verbrachte sie in einem Heim. Veröffentlichte zahlreiche Übersetzungen und Beiträge. Befreundet mit Elisabeth Kallina, Rudolph Steiner, Dr. Ernst Kolb, Unterrichtsminister, Rudolf Kassner. Viktor Matejka, Heimito von Doderer, Ernst Wiechert schätzten sie als Diskussionspartnerin und -kollegin.
Werke:
Gedichte
Schaukelpferd - Kopf oben Kopf unten. Wien, Leipzig: Augarten 1933.
Der Feenrufer. Wien: Bergland 1958. Welt als Versuch. Wien: Bergland 1978. Dramen
Honoria. München: Zinnenverlag 1943. Roman
Blaue Donau ade. Berlin: Schützenverlag 1936.
Kinderliteratur: Flori und die Weltflieger. Ein bunter und lustig bebildeter Roman für Buben und Mädels. Wien: Augarten 1933.
Rezeptions, Auszeichnungen: 1954 Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Literatur
1956 Förderungspreis der Stadt Wien für Literatur
1963 Förderungspreis für Literatur des Theodor-Körner-Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst
1970 Professorentitel
1984 Preis des Literaturwettbewerbs des Adolf-Schärf-Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst der Zentralsparkasse Wien
1990 Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich. Mitglied der IG Autoren, des Österreichischen PEN-Clubs und des Podium – Literaturkreis Schloss Neulengbach. Sie initiierte 1962 die Gründung der Rudolf-Kassner-Gesellschaft. „Ein Hang zur Mystik beengt manchmal die Dichterin Herta F. Staub, deren Entwicklung zuerst durch journalistische, dann durch volksbildnerische und künstlerische Tätigkeit gekennzeichnet ist. Ihr neuer Gedichtband „Der Feenrufer“ [...] bietet ein sehr interessantes, aber keineswegs einheitliches Bild. Neben von Symbolen eingefangenen Schöpfungen finden sich Gedichte, deren liedhafte Einfachheit und Gemütstiefe gefangen nehmen. [...] Kennzeichnend für Herta F. Staub ist eine leidenschaftliche Menschlichkeit, die ihre Gedichte verklärt und verschönt. Ihre mutige Stellungnahme zu einer nahen Vergangenheit, die niemals vergessen werden darf, und ihre Heimatliebe geben dem Band einen besonderen Wert.“ (Fuchs, Ludwig: Lyrik österreichischer Dichter. In: Tagebuch, Juli/August 1958, S. 11f.) Herta Staub, von Karl Kraus, seiner Sprachdurchleuchtung und Spracherneuerung beeinflusst, verfügt über ein vielgestaltiges Ausdrucksvermögen in präziser, treffsicherer Sprache, mag es sich um rhythmische Texte oder Lyrik im eigentlichsten Sinn handeln.“ (Katscher, Hedwig: Herta Staub. In: Wiener Bücher Briefe, Juni 1979) „Ihr Werk ist ein Lebenswerk, das sich in Beziehung mit anderen setzt und daraus das Netz von Gedanken und Handlungen webt, in dem Haupt- und Nebenschauplätze ein Wechselspiel miteinander eingehen. Zahlreich sind die Spuren, die sich, will man ihnen folgen, durch ganz Wien ziehen.“ (Fischer, Lisa: Partisanin für den Geist. Herta Staub – Journalistin und Schriftstellerin. In: Wiener Zeitung, 18.3.1994)
Quellen: Blumesberger, Susanne: Handbuch der österreichischen Kinder- und Jugendschriftstellerinnen. Zwei Bände. Bd. 1 A-L, Bd. 2 M-Z. Wien: Böhlau 2014 http://phaidra.univie.ac.at/o:368982 Datenbank der Forschungsstelle „Österreichische Literatur im Nationalsozialismus“, Universität Graz, Briefe an Erna Gsur und Rudolf Felmayer Sammlung von Handschriften und alten Drucken, ÖNB, Wien. Nachlass in der Wienbibliothek im Rathaus.
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